Editha Janson
1. Technik
Editha Janson - Alles Zufall?
Monotypien, Fluidpaintings, Staub-, Bitumen-, Kaffee- und Teebilder, Collagen,
Ecoprints, Aquarelle, Gelatinebilder, Collagrafien, Decalcomanien, experimentelle
Papierbanner, Lasurtechnik, vergoldete Äpfel, Buchobjekte, Decollagen etc. Editha
Jansons Werk ist äußerst vielfältig. Sie hat sich nicht wie viele andere Künstler auf nur
ein oder zwei Techniken spezialisiert, sondern arbeitet als freischaffende Künstlerin
bildnerisch, prozessorientiert und interdisziplinär. Sie knüpft Verbindungen zwischen
Materialien, zwischen Techniken und zwischen Kunstformen bzw. -gattungen. Sie
experimentiert, erforscht, lässt sich überraschen, reduziert, setzt Kontraste, erzeugt
Spannung und kitzelt die Essenz aus dem künstlerischen Prozess. Immer spielt der
Zufall eine besondere Rolle. Nichts ist vorhersehbar.
In ihren Fluidpaintings kann sich aus einer Welle
durchaus die ausschnitthafte, wolkenüberdeckte
Ansicht einer Inselgruppe oder eines Atolls im Ozean
entwickeln. Das Thema Wasser korrespondiert hier
mit der Technik, denn die gegossene, verdünnte
Acrylfarbe fließt über die mit Gesso bestrichene, flach
liegende Leinwand. Editha Janson kann zwar eine
grobe Richtung dieses Farbflusses vorgeben, doch die
letztendliche Verteilung der Farben ist dem Zufall
überlassen. Mit dem Eintropfen von Spiritus und
Wasser wird sie zusätzlich beeinflusst. Akzente
werden gesetzt. Ist das Bild nach einigen Stunden
trocken, kann es also vollkommen anders aussehen,
als bei seiner ursprünglichen Komposition, da die Farbe über den Rand läuft, die
Geschwindigkeit dessen aber von der Verdünnung abhängig ist. Der
Trocknungsprozess ist somit ein langsamer Veränderungsprozess des Bildes, dessen
Ergebnis offen ist.
Bildkompositionen vollständig durch zu planen ist nicht Editha Jansons Art. Wo blieben
da die Freiheit und die Spannung bei der Entstehung eines Werkes, wenn schon vorher
genau feststünde, wie es später aussehen würde? Wo blieben Experiment und
Forschung, wenn Komposition und Durchführung
bereits bis ins Kleinste überlegt wären?
Das Fluidpainting „Denkprozess“ war das erste Bild der
Künstlerin dieser Art und zeigt diesen
Gedankenprozess auf künstlerische Art. Es gründet auf
einer V-Vorm. Unruhige, dunkle und helle Rot-, Gelb-
und Orangetöne fließen ineinander und auseinander.
Sie erscheinen wie ausbrechende Lava, deren
Richtung sich immer wieder willkürlich verändert. Sie
werden unterbrochen von kleinen weißen Flächen. Die
Gedankengänge der Künstlerin, die nicht unbedingt
eine Ordnung haben müssen, sondern viel Raum für
Veränderungen lassen, sich leicht in unterschiedliche Richtungen bewegen und durch
Einflüsse von außen verändern können, setzen Geistesblitze frei, die sich irgendwann
zu einer relativ klaren weißen Fläche manifestieren, wenn das Experiment
abgeschlossen und das Ergebnis sichtbar ist. Editha Janson setzt sich so mit ihrer
künstlerischen Arbeit keine Grenzen. Themen und Techniken werden phasenweise
bearbeitet, verbunden, getrennt und ausgeschöpft – ausdauernd und frei. So bleibt
ihre Kunst für sie selbst und für andere immer interessant, weil es auch immer Neues
zu entdecken gibt.
Vor allem das Ausschnitthafte und der Bezug zum
Gegenständlichen sind seit jeher ein wichtiger
Bestandteil ihrer Kompositionen. Der Betrachter
wird stets mit einbezogen. Er muss vieles selbst
weiter oder zu Ende denken. Jansons Werke sind
fast immer offen komponiert. „Ausschnitte machen
ein Bild spannender. Man müsse nicht alles malen.
Alles was nicht auf dem Bild sei, verbinde das
Gehirn automatisch.“, erinnert sich die Künstlerin
an die Aussage ihres damaligen Dozenten Jens
Kilian an der Freien Akademie für Malerei,
Düsseldorf. Sich auf ein Detail zu konzentrieren,
erlaubt, sich viel intensiver damit auseinander setzen zu können, das Wesentliche zu
erfassen, zu reduzieren, zu vergrößern und zu abstrahieren. Der „Keimling“ z.B. ist für
eine Gruppenausstellung zum Kirchentag 2016 in der Hoffnungskirche zum Thema
„Hoffnung haben wir“ entstanden. Das Bild ist 40x40 cm groß und zeigt in riesenhafter
Vergrößerung formatfüllend den Ausschnitt eines Senfkornkeimlings. Seine großen
Blätter sind weit angeschnitten. Der Betrachter kann sie weiter denken. Der Stiel ist
unglaublich dünn, das Senfkorn deutlich sichtbar. Der Hintergrund verschmilzt
stellenweise mit den Blättern oder scheint durch sie hindurch. Trotzdem hat der
Keimling nichts zerbrechliches, sondern erscheint stark, obwohl der Pinselstrich sehr
weich ist. Die unklar definierten Linien unterstützen die Leichtigkeit seiner Entfaltung
und die Leichtigkeit der gesamten Komposition. Dadurch strahlt die Makroansicht auf
den Keimling eine ganz klare Botschaft aus: Hoffnung. Alles ist möglich. Die hellen,
grünen Farbtöne, die selbst im Hintergrund immer wieder auftreten unterstützen diese
Aussage. Grün gilt im Allgemeinen als Farbe der Hoffnung. In diesem Bild entsteht
Leben. Man kann es spüren. Mit dem eigenen, automatischen Weiterdenken des
Ausschnittes wird der Betrachter Teil des Bildes und Teil der Hoffnung.
Editha Janson hat sich mit ihrer Art Kunst zu leben, immer auf der Suche zu sein und
weiter zu entwickeln vom Stil ihres Ausbilders losgelöst und ein eigenes künstlerisches
Selbstbewusstsein entwickelt. Sie ist offen für Neues, lässt sich inspirieren und
experimentiert immer wieder mit Techniken, Farben und verschiedenen Materialien.
Malerei, Zeichnung, Druck und Objektkunst lassen sich vielfältig kombinieren, so dass
sich Werke niemals wiederholen würden. Die Freude am Ausprobieren neuer Ideen
bestimmt ihr Arbeiten. Das Überraschungsmoment muss auf der Seite der Kunst sein.
Erst sich selbst und dann andere überraschen zu können ist von großer Bedeutung.
Zuviel Vorstellung von dem, wie ein Werk mal aussehen soll, beeinträchtigt Jansons
freien, künstlerischen Prozess und hemmt die Kreativität.
Natürlich bildet das Zeichnen immer die Basis für künstlerisches Arbeiten, vor allem
das Zeichnen nach der freien Natur. Es schafft Grundlagen von denen aus die
Künstlerin in die Abstraktion gehen kann. Rein abstrakt, ohne gegenständlichen Bezug
sind ihre Motive nie.
In ihren Gelatinebildern schafft sie bspw. florale Bezüge
oder experimentiert mit Formen und Farben. Hier fertigt
sie mit Hilfe von Gelatinepulver und Wasser eine etwa
eineinhalb Zentimeter dicke Druckplatte aus Gelatine an,
auf die nach dem Aushärten Farbe aufgetragen und auf
Papier gedruckt werden kann. Durch Abdecken mit Papier
und das übereinander Drucken von Farbflächen entstehen
Monotypien, deren Grundstruktur durch die raue
Beschaffenheit der Gelatine bestimmt wird. Das macht die
Motive lebendig und facettenreich.
Auch ihre Decalcomanien entwickeln sich nach dem Prinzip des
Zufalls.
Definiert werden für die Tierschädel lediglich die Augen und die
Nase. Hörner, Kopfform etc. entstehen durch das Fließen der
Aquarellfarbe und den Abdruck der nassen Farbe von der einen
Seite des Blattes auf die gegenüberliegende. Mit Hilfe dieser
simplen Technik lässt Editha Janson hochästhetische
Tierschädelbilder entstehen. Feinste Linien definieren kalligrafisch
anmutende Elemente und hinterlassen zusammen mit den hellen
Farben einen Eindruck von Marmorierung. Die Plastizität ist
erstaunlich, die pastellige Farbzusammenstellung beeindruckend.
Kein Schädel gleicht dem anderen, keiner kann exakt wiederholt werden.
Farben erzeugen in Jansons Werk immer Formen, meist ungeplante. Sogar die
Portraits sind Teil dieses Prozesses.
Manche bestehenden Farbflächen werden durch Linien neu oder klarer
definiert wie z.B. die Portraitzeichnung einer älteren Frau oder eines
asiatischen Mannes. Die rot-grauen Farbflächen sind beliebig angelegt,
die schwarzen Tuschelinien darüber zeigen, reduziert auf das
Wesentliche, den Kopf der jeweiligen Person. Durch die Linien
erhalten die Aquarellflächen eine gegenständliche Bedeutung, sie
verwandeln sich in etwas Greifbares. Gleichzeitig verleihen sie der
Tuschezeichnung Tiefe, da sie mit Licht und Schatten in Verbindung
gebracht werden können.
„Lama in Rose“ hingegen zeigt eine Form in Aquarellfarbe -
die des Lamas - und die Linien der Rose mit ihren Knospen,
Blüten und Blättern in Ölkreide. Im Zusammenhang mit der
Rose ist die „Lamafarbfläche“ nicht mehr ohne
Zusatzinformation durch den Titel als Lama zu erkennen.
Einerseits wird sie als etwas Fremdes wahrgenommen und
irritiert den Betrachter, andererseits ergänzt sie die
abstrahierte Darstellung der Rose und intensiviert die
Wirkung der Zeichnung, zumal beides farblich perfekt
aufeinander abgestimmt ist.
Doch nicht nur Farbflächen und Linien, sowie Mal- und Zeichentechniken kombiniert
die Papenburger Künstlerin. Ihre Buch- und Papiergebilde gestaltet sie mit
Recyclingmaterial und ungewöhnlichen Malmitteln. Sie sind nicht nur gewöhnliche
gefaltete Objekte - Janson erweitert die Technik des Book-Origamis und setzt
künstlerische Akzente. Sei es eine mit Bitumen und weißer Wandfarbe gemalten
Berglandschaft auf einem halbrund gefalteten Buch mit Einband, oder ein Zweig in
einem zum Zylinder gefalteten und geformten Buch. Die Seitenränder eines dritten,
aufgeschlagenen Buches wurden erst mit dunkelroter Farbe bemalt und seine Seiten
anschließend zusammengesteckt und -geklebt, zerknüllt und wunderschön gefaltet
bzw. gebogen. Es scheint blumig und mystisch, einerseits geordnet und andererseits
durcheinander. Starre, gerade Formen ergänzen und durchbrechen sich hier
gegenseitig mit organischen Formen und machen das Gebilde zu einem Kunstobjekt.
Editha Janson arbeitet aus Liebe zur Sache, der Kunst wegen. Sie entwickelt sich als
Künstlerin permanent weiter. Sie wird immer weiter forschen, sich von Zufällen
inspirieren lassen. In ihrer Tätigkeit als Dozentin bei der Caritas und in der Kunstschule
Zinnober gibt sie ihre Erfahrung weiter und schöpft selbst neue Ideen aus der
Zusammenarbeit mit Teilnehmern und Künstlern. Jansons Kunst wird immer wieder
zum neuen Experiment und bleibt stets ein Feld des prozesshaften Arbeitens mit vielen
künstlerisch-technischen Kombinationsmöglichkeiten sowie kaum vorhersehbaren
Ergebnissen.
Wohin werden Experiment, Forschung und Zufall die Künstlerin Editha Janson wohl
noch führen?
Dr. Viola Tallowitz-Scharf,
Kunsthistorikerin, 2017
Künstlerportrait
2. Inhalt
Editha Janson - Es regnet auch um die Ecke
Kunst * Gesellschaft * Umwelt - verbinden * verändern * wirken
Warum tun wir die Dinge wie wir sie tun? Was treibt uns an? Was sehen wir? Was
fühlen wir? Was ist der Grund hinter allem? Was ist der Grund hinter der Kunst? Und
vor allem: Müssen wir uns nach Standards richten? Was ist wichtig?
Fragen über Fragen … Aber ohne Fragen geht’s ja auch nicht. Wir fragen und
hinterfragen. Wir fragen und erwarten Antworten. Wir fragen und suchen nach einem
Grund von etwas. Künstler machen Kunst, aber wie und was und warum? Was kann
die Kunst überhaupt?
Editha Janson ist seit 2011 als freischaffende Künstlerin tätig und hat bereits viele
Kunsttechniken ausprobiert. Sie hat Installationen und Ausstellungen entwickelt,
unterrichtet in der Erwachsenenbildung und erforscht die Möglichkeiten der Kunst im
Alltag, nicht nur technisch, sondern auch inhaltlich. Gern lässt sie sich bei ihrer Arbeit
von Künstlern wie Felix Scheinberger, Mlle Maurice oder Nikola Dicke inspirieren,
Künstlern, die nicht nur „Schönes“ schaffen, sondern mit Standards brechen, mal um
die Ecke denken und nach „dem Grund“ fragen. Als Künstlerin hinterfragt sich Janson
auch selbst, vor allem in den letzten Jahren immer häufiger, bewusster und intensiver.
Wie mache ich Kunst? Was möchte ich damit erreichen? Das Bedürfnis, den Grund
ihres eigenen künstlerischen Schaffens zu herauszufinden und sich selbst dafür in
Frage zu stellen, wurde immer stärker. Das „Warum“ begann sich immer mehr in den
Vordergrund ihres Schaffens zu stellen. Sie stellte sich die Fragen: Womit kann ich
mich und meine Kunst identifizieren? Eher zufällig fand sie während eines langen
künstlerischen Prozesses und durch die Zusammenarbeit mit anderen Künstler*innen
heraus, was sie NICHT wollte und das half ihr sehr dabei herauszufinden, was ihr
wirklich wichtig ist und was sie mit ihrer Kunst erreichen möchte. „Zu wissen, was
man nicht will, ist der erste Schritt in die Richtung Herauszufinden, was man
tatsächlich will.“ Doch das braucht Zeit. Janson hat innerhalb von 7 Jahren ihre
künstlerischen Prioritäten klären können. Das sei eine adäquate Zeit, sagt sie. Man
brauche Zeit, um Auszuprobieren, zu lernen und sich selbst zu finden. Z. B. stehe das
bloße Verkaufen der eigenen Kunst bei ihr nicht im Vordergrund. Das erfülle sie nicht.
Es ist zu wenig relevant und hat für sie kaum eine Bedeutung, ähnlich wie
Tagesworkshops ohne Nachhaltigkeit. Hingegen haben interaktive Rauminstallationen
wie „Transfluxxion“ 2015, oder „Apfel im Quadrat“ 2017, beide von ihr in Kooperation
mit der Kunstschule Zinnober Papenburg entwickelt, eine vollkommen andere
Bedeutung für die Künstlerin. Beide Installationen lebten von der Interaktion mit den
Besuchern. Jeder konnte teilnehmen. Die Besucher waren als Betrachter gleichzeitig
auch Künstler. Sie malten, zeichneten und druckten bei „Apfel im Quadrat“ zum
Thema Apfel ausschließlich im Format 40x40 cm. Durch die Anonymität der Bilder,
denn niemand sollte sein Werk signieren, waren kein Wettbewerb und keine Wertung
nach Alter oder künstlerischer Ausbildung etc. möglich. Die Ausstellung wurde
permanent mit den neu entstehenden Exponaten ergänzt und konnte über einen
Zeitraum von drei Monaten deutlich anwachsen. Sie befand sich in einem
permanenten Veränderungsprozess. Immer wieder war Neues zu sehen. Bei der
„Transfluxxion“ konnten die Besucher die präsentierten selbst geschneiderten
Kleidungsstücke der Künstlerin Manuela Milenkovic-Todorovic nutzen, um sich selbst
zu verwandeln, sich in einer Videoinstallation der Künstlerin Sarah Janssen selbst live
wiederfinden oder in Bilderrahmen steigen – sie waren in jedem Moment Teil der
Ausstellung/Installation. In der Vorbereitung wurden unter Anleitung von Janson
Netze gehäkelt, mit allen Menschen, die Lust dazu hatten. Diese Netze überspannten
den 200m² großen Ausstellungsraum und versinnbildlichten die gemeinsame
künstlerische Teilhabe.
Mit dieser Art der Kunst, mit Interaktion, Teilhabe und künstlerischer Vermittlung von
Kunst, die lange nachwirken konnte, bekam die Bezeichnung „Ausstellung“ eine
gesellschaftliche Bedeutung. Der Austausch unter den Besuchern über das selbst
Beigesteuerte und gemeinsam Ausgestellte trat in den Vordergrund. Der Prozess war
für jedermann sichtbar. Er machte die Ausstellungen lebendig, erlebbar und
besonders. Diese Kunst wurde somit zu einem Allgemeingut, für jedermann greifbar,
sowohl für Kinder, als auch für Erwachsene und sie vermittelte ein gutes Gefühl.
Das führt uns nun weiter zu der Frage Jansons: WAS mache ich eigentlich? Und auch:
Wie relevant arbeite ich? Was erreiche ich mit meiner Kunst? In erster Linie möchte
Janson selbst begeistert sein, um Erfüllung im künstlerischen Schaffen zu finden und
dafür braucht ihre Arbeit immer Aktion. Bilder hinhängen und anschauen reicht da
nicht. Diese Aktion ist wichtiger als das Werk selbst, denn die Aktion ist das Werk.
Jede*r soll etwas beitragen können. Die Nähe zur Kunst ist wichtig. Leute sollen nicht
distanziert betrachten und Kunst auf ein „oh schön“ reduzieren. Die Kunst kann mehr.
Als Künstler im stillen Kämmerlein zu sitzen und nur zu produzieren ist für Janson
nicht wichtig. Wer hätte Teil daran? Was würde sie damit bewirken? Nichts. Für die
Künstlerin ist der gesellschaftliche Bezug ihrer Arbeit enorm wichtig. Eben die
mögliche Teilhabe eines jeden Menschen. Belanglosigkeiten sind nicht ihr Ding. Ihre
Kunst sollte immer einen Grund haben. Sie sollte nicht abgekoppelt sein von
gesellschaftlich relevanten Themen. Und sie sollte die Menschen berühren. Sie sollte
einen bleibenden Eindruck hinterlassen sowie zu Interaktion und Austausch führen.
Auf diese Weise gibt es immer wieder Impulse sowohl von der Künstlerin, als auch
vom Teilhabenden, und seien sie auch noch so klein. Man gibt und bekommt zurück,
man konsumiert nicht nur, sondern trägt auch selbst bei. Vor allem Jansons
künstlerische Arbeit in den Caritas Werkstätten mit den dortigen Betreuten hat sie hier
stark beeinflusst.
Janson sieht sich inzwischen als immerwährend Lernende und Kunst als einen sich
permanent verändernden Prozess. Die Selbstverständlichkeit mit der wir Dinge tun
oder Antworten geben gerät in den Hintergrund und weicht einem stetigen
Hinterfragen, das künstlerisch verarbeitet werden will. Nirgendwo gibt es so viel
Entwicklungspotenzial wie in der Kunst. Und vor der Kunst ist jeder gleich, weil sich
jeder selbst einbringen kann, ob als Betrachter, Künstler oder Intervenierender. Es
können Verbindungen geknüpft werden zu allen gesellschaftlichen oder globalen
Themen. Es gibt kein richtig und kein falsch. In der Kunst regnet es halt auch mal um
die Ecke. Nicht umsonst spricht man von „künstlerischer Freiheit“.
Kunst ist für jedermann. Janson sieht ihre Kunst dementsprechend weniger im
Museum, als im öffentlichen Raum. Um alle Menschen erreichen zu können, sollte
Kunst ihrer Meinung nach, alltagstauglich sein, ohne ins Banale abzugleiten. Ihre
Kunst soll zum Staunen anregen. Sie muss nicht mit teurem Material gemacht sein,
um einen „Wert“ zu bekommen. Sie soll einfach wirken. Sie soll nicht nur einer „Elite“
mit höherer Bildung oder viel Geld zugänglich sein, sondern wirklich jedem:
altersunabhängig, milieuunabhängig, geldunabhängig. Das Materielle, also die
finanzielle Seite, dürfte, wenn überhaupt, nur im Hintergrund wirken, das Persönliche
und die Teilhabe, die Gleichheit der Menschen vor und mit der Kunst hingegen im
Vordergrund. So wie die Idee des Schweizer Bildhauers Thomas Hirschhorns. Er
möchte mit seiner Installation „Never give up the Spot“ zu Diskussionen einladen,
sowohl vor Ort, als auch im Internet. Er stellt innerhalb seines Kunstwerkes digitale
und handwerkliche Materialien für die Besucher*innen zur freien Verfügung, um sich
kreativ oder destruktiv daran zu beteiligen. Der Eintritt ist frei, man kann nichts
kaufen.(1) Jeder kann teilhaben. Für Janson bieten Interventionen im öffentlichen
Raum eine gute Methode, um ähnliches zu erreichen, da ihnen jede*r begegnen kann.
Künstler sollen hinterfragen und auch andere dazu bewegen.
(1) www.villastuck.de, 17.12.2018, Thomas Hirschhorn „Never Give Up The Spot“
Ihre Kunst soll nicht bewertet werden, ob sie gut oder schlecht ist, teuer oder billig
verkauft werden kann. Ein Markt muss ihrer Meinung nach nicht bedient werden. Wer
entscheidet denn über Kunst und ob Kunst Kunst sei? - Warum beurteilen andere
meine Kunst? Es weiß doch niemand, was in mir während des Entwicklungsprozesses
vorgeht, wie wichtig mir ein Thema ist, oder was ich gerade erlebt habe. Und es muss
auch niemand wissen: Kunstwerke sind eigentlich etwas ganz Persönliches, in welcher
Form und mit welchem Inhalt auch immer. - Janson sagt, politische Kunst solle z.B.
aufmerksam machen, und zwar in einem positiven Sinne. Sie solle zeigen, dass man
nicht gegen das sei, was man nicht haben wolle, sondern das, was man haben
möchte, solle man einfach unterstützen. So möchte sie, wie Käthe Kollwitz „wirken in
dieser Zeit“, nur andersherum, auf ihre Art.
Künstler sehen auf ihre eigene Weise. Sie nehmen auf, was sie sehen und spiegeln
das wider. Dabei sieht nicht jeder gleich und vor allem sieht kaum ein Künstler nur mit
den Augen. Er zeigt uns seine Sicht auf die Dinge, auf Situationen, auf Politik, auf das
Leben, auf Bewegung, auf die Zeit.
Kunst ist kulturelles Erbe.
Kunst stiftet Identität.
Kunst verbindet Menschen.
Kunst dokumentiert.
Jansons Kunst fragt nach dem Grund hinter dem Grund.
Dr. Viola Tallowitz-Scharf, 2018
edithas bilder